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Widerstand erforderlich?

„Identitäts- und Geschlechterkämpfe im Horizont von Rechtspopulismus und christlichem Fundamentalismus in Europa heute“

Bericht über das Symposium

Der aktuelle Anlass für das Symposium

Das derzeitige Umsichgreifen rechtspopulistischer Einstellungen und Politiken, die auf die Umwandlung menschenrechtsbasierter Demokratien in illiberale bzw. völkisch-identitär geschlossene Gesellschaftsformen zielen, geht seit einigen Jahren einher mit einem als „Anti-Genderismus“ (Hark/Villa) bezeichneten Aktionismus gegen Geschlechtergerechtigkeit und Antidiskriminierung. Insbesondere in einigen Ländern Ostmitteleuropas beobachten wir aggressive Attacken auf sexuelle Minderheiten, emanzipatorisch-menschenrechtsorientierte Bewegungen sowie wissenschaftliche Gender Studies. Unser Projekt „Widerstand erforderlich? – Identitäts- und Geschlechterkämpfe im Horizont von Rechtspopulismus und christlichem Fundamentalismus in Europa heute“ verstand sich als Reaktion auf diese Tendenzen, indem es darauf abzielte, durch Ausrichtung eines interdisziplinären und internationalen Symposiums die Hintergründe dieser Phänomene zu beleuchten, die internationale und interdisziplinäre Vernetzung von Wissenschaftler*innen aus Ost- und Mitteleuropa sowie zwischen Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen zu fördern und so schlussendlich innerhalb des Problemfeldes Räume der Öffnung und Ansatzpunkte für Transformationsprozesse zu identifizieren und zu erschließen.

Das Symposium fand am 14-16. Oktober 2020 statt

Das Symposium gehörte zum einem internationalen und interdisziplinären Forschungsprojekt, das von einem Incoming Senior Fellow, PD Dr.in Sonja Strube, Institut für Katholische Theologie, Universität Osnabrück, und von einer Grazer Kooperationspartnerin, MMag.a Dr.in Rita Perintfalvi, Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft, geleitet wurde. Zu unserem Forschungsteam gehörten als Junior Fellows: Raphaela Hemet, MA (Universität Graz), Cicek Sahbaz Wemmer, MA (Universität Wien) und Miriam Metze, MA (Universität Wien).

Das Projekt hatte den offiziellen Zeitraum von Oktober 2019 bis September 2020. Im Laufe dieses Zeitraums musste die Forschungsgruppe das Symposium wegen der sich ständig ändernden Covid-Situation dreimal umplanen und umorganisieren: Der erste Termin für März 2020 wurde wegen der Covid-Maßnahmen der Regierung eine Woche vor der Veranstaltung abgesagt. Dann wurde alles für Oktober umgeplant, das Team ging aber im Juni noch davon aus, das Symposium in Präsenz abhalten zu dürfen. Diese Vorstellung war später aber nicht mehr zu verwirklichen, deswegen musste letztendlich alles Online präsentiert werden, was natürlich wieder einer neuen Umplanung bedurfte. Letztlich haben wir uns darüber sehr gefreut, dass wir das Symposion am 14–16. Oktober 2020 online erfolgreich veranstalten konnten. Wir hatten neben den 25 Vortragenden mehr als 100 registrierte Teilnehmer*innen.

In Podiumsdiskussionen, Vorträgen, Kurzreferaten, fünf unterschiedlichen Panels und sieben unterschiedlichen Video-Chatrooms kamen Wissenschaftler*innen des Schwerpunkts Geschlechterforschung aus unterschiedlichen Fächern wie Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialpsychologie, politische Philosophie und feministische Theologie sowie Aktivist*innen und Politker*innen zusammen, um die zentralen Themen des Symposiums im gemeinsamen Diskurs zu bearbeiten: Dr.in Rebeka Anic (Kroatien); Prof.in Dr.in Elżbieta Adamiak (Polen); Prof. Dr. Andras Bozókí, Prof.in Dr.in Erzsébet Barát, Prof.in Dr.in Andrea Pető, Dr.in Larissza Hrotkó, Dr.in Rita Perintfalvi (Ungarn); Prof. Dr. Gerhard Marschütz, Prof. DDr. Hans Schelkshorn, Prof.in Dr.in Gunda Werner, Prof.in DDr.in Irmtraud Fischer, Prof.in Dr.in Kristina Stoeckl, Dr.in Stefanie Mayer, Ao. Univ-Prof.in Dr.in Katharina Scherke. Dr.in Irene Klissenbauer, Miriam Metze, MA, Raphaela Hemet, BA, MA, Nicole Navratil BA, MA (Österreich); Prof. Dr. Oliver Hidalgo, Prof.in Dr.in Paula-Irene Villa Braslavsky, Dr. Michael Brinkschröder, PD, Dr.in Sonja Strube (Deutschland); Mag.a Tanja Grabovac (Bosnien-Herzegowina); Dr.in Monica Cano Abadia (Spanien); Cicek Sahbaz (Türkei); sowie Judith Fürst (ORF) und Sandra Kocuvan (Land Steiermark).

Geplant ist zudem eine daraus hervorgehende Publikation, die im Frühjahr 2021 erscheinen soll. Die Publikation der Symposiumsbeiträge wird einerseits gedruckt, aber auch durch Open Access leicht erreichbar gemacht.

Inhaltliche Ergebnisse des Symposiums:

Konflikt zwischen den Neorechten Parteien und der Gender-Forschung

„Das Volk“ ist für die neorechte Ideologie eine identitäre Volksgemeinschaft, dementsprechend ist das Volk als möglichst homogene Einheit zu betrachten und muss jegliche Abweichung beseitigt werden. Eine identitäre Demokratie bietet keinen Platz für das Fremde, sondern sie wehrt die sog. „Anderen“ wie Migranten, Muslime, Roma, Obdachlose etc. aggressiv ab und ist durch Sexismus, Feindseligkeit gegenüber den sexuellen Minderheiten und teilweise auch Antisemitismus gekennzeichnet. Vor diesem ideologischen Hintergrund ist leicht zu verstehen, warum die Gender-Forschung, die sich mittels wissenschaftlicher Methoden für den Schutz der Menschenrechte, die Gleichwertigkeit der Geschlechter und sexueller Minderheiten und überhaupt für eine offene Gesellschaft einsetzt, als Feindin der Nation attackiert werden kann.

Der Begriff ‚Gender‘ ist zu einem symbolischen Kleber geworden. Durch ihn werden viele Akteur*innen zusammengerufen. Rechtspopulist*innen, Rechtsextremist*innen, religiöse Fundamentalist*innen verwenden ‚Gender‘ als Kampfbegriff. Er gilt als Symbol für alle Unsicherheiten und Ängste, die es derzeit gibt. Im Begriff ‚Gender‘ werden viele Ängste verdichtet, die mit antieuropäischen, antiliberalen und homophoben Einstellungen verbunden sind.

Rolle des Glaubens bzw. der Religion in Anti-Gender-Diskursen

Es ist kein Zufall, dass auch bestimmte Teile der Kirchen und Theologien die Anti-Gender-Bewegung unterstützen. In ultrakonservativen kirchlichen Kreisen wollen die Menschen genau wie die Neuen Rechten ein durch die Modernisierungsprozesse überholtes Gesellschaftsbild konservieren. Der gemeinsame Charakterzug von Populismus und Fundamentalismus ist, dass beide ihrem Wesen nach rückwärtsgewandt sind. Sie träumen von dem verlorenen Goldenen Zeitalter. Beide empfinden alle Veränderungen als Bedrohung: Gewandelte geschlechtliche Rollenbilder bedrohen die Männlichkeit, der Gender-Diskurs die Geschlechterverhältnisse etc.

Spaltung der Gender- und Anti-Gender-Vertreter: Kann es eine Versöhnung geben?

Ich denke, dass diese Spaltung keine Versöhnung braucht. Das ist einfach eine entweder-oder Entscheidung. Ich bin mir ganz sicher, dass der Kampf um die Geschlechtergerechtigkeit (gender equality) im Horizont des Rechtspopulismus und religiösen Fundamentalismus auch ein Kampf um die Demokratie und Freiheit des Menschen ist. Da das universalistische Prinzip, also die Anerkennung der Gleichberechtigung und Würde aller Menschen, für die christliche Ethik unabdingbar ist, müssen die christlichen Kirchen und Theologien menschenverachtende, gewaltbereite Genderfeindlichkeit und den militanten sexuellen Nationalismus unbedingt verurteilen.

Zur Webpage des Symposiums.

Institutsleiterin

Univ.-Prof. Dr.theol.

Katharina Pyschny

Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft

Telefon:+43 316 380 - 6021

Mittwoch 15.00-16.00 Uhr und nach Vereinbarung

Kontakt

Sekretariat
Heinrichstraße 78 A-8010 Graz
Mag. Dr. Patrick Marko Telefon:+43 (0)316 380 - 6020
Fax:+43 (0)316 380 - 9305

Web:altes-testament.uni-graz.at

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