Was ist der Mensch? Diese Frage ist so alt wie die Menschheit selbst und doch gewinnt sie im Kontext gegenwärtiger Diskurse an Relevanz. Auch die Bibel stellt sich dieser grundlegenden Frage. Dabei liefert sie jedoch keine einfachen und einheitlichen Antworten. Im Gegenteil: Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament begegnen uns vielstimmige Antworten auf die Frage nach dem Menschsein.
Hier setzt das internationale und interdisziplinäre Projekt - „Biblical Anthropology in Canonical Discourse: New Hermeneutical Perspectives on the Biblical Understandings of the Human Being“ ein. In Kooperation zwischen dem Institut für Biblical Studies der Faculty of Theology and Religious Studies an der KU Leuven und dem Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft der Kath. Theologischen Fakultät an der Universität Graz geht das Projekt dieser Frage nach. Auf der Grundlage der von Erich Zenger entwickelten Jüdisch-Christlichen Bibelhermeneutik der kanonischen Diskursivität setzt sich das Projekt zum Ziel, die Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen dem Alten und Neuen Testament hinsichtlich ihres unterschiedlichen und vielfältigen Verständnisses vom Menschen aufzuzeigen.
Im Unterschied zu bisherigen Forschung wählt das Projekt eine systematische Herangehensweise, die sich an relevanten anthropologischen Themen orientiert (z.B. Geschöpflichkeit, Körper, Geschlecht, Emotionen, Kult, Persönlichkeit, Tod). Altes und Neues Testament werden dabei einerseits eigenständig und andererseits im Kontext des christlichen Kanons behandelt. Ein Novum ist dabei auch die Auseinandersetzung mit anthropologischen Ansätzen und Methoden der deutsch- und englischsprachigen Forschung, die nicht nur zur Sichtbarkeit der Pluralität und Diversität biblischer Perspektiven auf den Menschen, sondern auch zur Vernetzung der deutsch- und englischsprachigen Forschung beitragen soll. Diese historisch kontextualisierte Pluralität und Diversität anthropologischer Aussagen innerhalb der Bibel dient als Ausgangspunkt für die Reflexion über die Methodik und Sprache, die verwendet werden, um die Relevanz und mögliche Normativität der Biblischen Anthropologie in gegenwärtigen Diskursen zu beschreiben. Das Projekt mündet in einer englischsprachigen Monografie.
Besonders stolz ist Graz auf diesen doppelten Erfolg: Nicht nur ist die Universität Graz Projektpartnerin, auch eine Alumna – Prof. Dr. Veronika Burz-Tropper (New Testament Studies, KU Leuven) – wird gemeinsam mit Prof. Dr. Katharina Pyschny (Alttestamentliche Bibelwissenschaft, Uni Graz) dieses Projekt leiten. Das Projekt startet im September 2025 mit einer Laufzeit von vier Jahren. Darüber hinaus wird das Projekt zwei Nachwuchswissenschaftler*innen die Möglichkeit geben, sich mit einer Dissertation zu qualifizieren. Für die Grazer Seite wird Matej Papić nach seinem erfolgreichen Studienabschluss im Sommer als Projektmitarbeiter eingestellt werden.
Wir dürfen uns auf spannende neue Perspektiven und Impulse zu der Frage nach dem Menschsein freuen!